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EU-Restrukturierungsrichtlinie jetzt auch in Deutschland umgesetzt

EU-Restrukturierungsrichtlinie jetzt auch in Deutschland umgesetzt

Berlin, 28.01.2021

Bereits in 2016 hatte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30/EU“ oder kurz: „EU- Restrukturierungsrichtlinie“ vorgelegt, der helfen sollte, endgültig die Folgen der Finanzkrise 2008/2009 zu bewältigen. Nach intensiver Diskussion in den europäischen Gremien ist die Richtlinie im Juli 2019 in Kraft getreten.

Mit ihrer zuletzt vor dem Hintergrund der Corona- Pandemie rekordverdächtig beschleunigten Umsetzung in nationales Recht – zwischen dem ersten Entwurf des Justizministeriums vom 18. September 2020 und dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2021 lagen nicht einmal 4 Monate – wurde nun auch in Deutschland ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren implementiert.

Die detaillierten Regelungen hierzu finden sich im Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG), welches als Artikel 1 den umfangreichsten Teil des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) ausmacht.

Die inhaltliche Ausgestaltung des Sanierungsverfahrens im StaRUG lehnt sich stark an die deutschen Regelungen zum Insolvenzplanverfahren an. Auch hier ist ein (Restrukturierungs-) Plan zu erstellen, dessen inhaltliche Ausgestaltung den §§ 5 ff. StaRUG folgen muss. Einige Rechtsverhältnisse sind der Gestaltung im Rahmen eines solchen Plans allerdings nicht zugänglich. Wichtigstes Beispiel: Forderungen von Arbeitnehmern (§ 4 StaRUG). Fallengelassen wurde auch die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit, sich im Rahmen des Sanierungsverfahrens bestehender vertraglicher Verpflichtungen aus gegenseitigen Verträgen in der Zukunft, insbesondere auch solcher aus Dauerschuldverhältnissen entledigen zu können.

Wie im Insolvenzplanverfahren werden auch im Restrukturierungsplan die Gläubiger in Gruppen eingeteilt, § 9 StaRUG, in denen dann auch jeweils gesondert abgestimmt wird. Anders als dort kann sich der Restrukturierungplan aber auf die für das Gelingen der Sanierung wichtigen Gläubiger beschränken, § 8 Ziff. 2 StaRUG. Angenommen ist der Plan, wenn ihm in den jeweiligen Gruppen mit drei Vierteln der Stimmrechte zugestimmt wird, § 25 StaRUG. Wie im Insolvenzplanverfahren können jedoch auch hier den Plan ablehnende Gruppen überstimmt werden, wenn dieser am Ende eine den Voraussetzungen des § 26 StaRUG entsprechende gruppenübergreifende Mehrheit erreicht (sog. Cramdown).

Führt der Schuldner das Verfahren ohne richterliche Hilfe durch, kann er den Plan den hiervon betroffenen Gläubigern zunächst in Textform zugänglich machen (ausreichend also auch per E-Mail) und diesen eine Annahmefrist von mindestens 14 Tagen setzen. Wenn den Betroffenen nicht zuvor Gelegenheit zur gemeinschaftlichen Erörterung des Plans gegeben wurde, muss dabei der Hinweis enthalten sein, dass auf Antrag eines Gläubigers ein Erörterungstermin abgehalten wird, § 17 Abs. 3 StaRUG. Nach § 20 StaRUG kann der Schuldner aber auch von vornherein eine Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen vorsehen.

Muss der Schuldner damit rechnen, dass einzelne Planbetroffene nicht mitmachen werden, wird er schon aus Gründen der Rechtssicherheit regelmäßig von der Möglichkeit nach § 23 StaRUG Gebrauch machen, über den Plan in einem gerichtlichen Verfahren abstimmen zu lassen.

Der Einleitung eines solchen Verfahrens bedarf es auch dann, wenn der Schuldner andere „Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens“ (§ 29 StaRUG) in Anspruch nehmen will. Dies wird regelmäßig insbesondere dann der Fall sein, wenn beabsichtigt ist, mittels des Erlasses einer Stabilisierungsanordnung nach § 49 StaRUG eine Vollstreckungs- und/oder Verwertungssperre zu erlangen.

Für betroffene Gläubiger bedeutet dies, dass sie bestehende Forderungen einstweilen nicht mehr durchsetzen können und dass ihnen sogar die Durchsetzung wichtiger Sicherungsrechte vorläufig verboten werden kann, was namentlich vor allem den einfachen und verlängerten Eigentumsvorbehalt betrifft. Gemäß § 55 StaRUG ist dem Gläubiger, wenn der Schuldner für die Fortführung des Unternehmens auf seine Leistung angewiesen ist, in diesem Fall sowohl eine Leistungsverweigerung als auch eine Kündigung oder Vertragsänderung unter Berufung auf den Zahlungsverzug des Schuldners verwehrt. Vorleistungspflichtigen Gläubigern wird in diesen Fällen aber zumindest durch § 55 Abs. 3 StaRUG in gewissem Umfange Schutz gewährt. Sie dürfen Sicherheiten verlangen oder darauf bestehen, die Leistung nur Zug um Zug zu erbringen. Darlehen und andere Kreditzusagen, die noch nicht zur Auszahlung gelangt sind, dürfen unter Berufung auf eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse gekündigt werden.

Wie in der EU-Richtlinie vorgesehen, kann der Schuldner das Verfahren grundsätzlich in Eigenregie betreiben. Allerdings kann – und dies wird schon wegen der Kompliziertheit des Verfahrens wohl zukünftig den Regelfall darstellen – auf Antrag des Schuldners durch das Gericht ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt werden: in einer Vielzahl von Konstellationen, die in § 73 StaRUG aufgezählt sind, muss diese Bestellung durch das Gericht sogar von Amts wegen erfolgen. Die Bestellung kann schließlich auch auf Antrag von Gläubigern erfolgen, wenn diese in einer Gruppe mehr als 25 % der Stimmrechte halten und sich zur Übernahme der Kosten verpflichten.

Die Aufgaben eines zwingend einzusetzenden Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 76 StaRUG ähneln denen des Sachwalters in der Insolvenz in Eigenverwaltung. Der fakultativ eingesetzte Restrukturierungsbeauftragte hat hingegen lediglich die Aufgabe die Beteiligten bei der Ausarbeitung von Sanierungskonzept und -plan zu unterstützen, § 79 StaRUG. Auch die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten ist im StaRUG geregelt. Danach erhält er ein Honorar nach Zeitaufwand, welches im Regelfall € 350/h beträgt und kann die Zuarbeit qualifizierter Mitarbeiter mit bis zu € 200/h abrechnen, § 81 StaRUG.

Für Verfahren mit besonderer Bedeutung sieht § 93 StaRUG vor, dass das Gericht in Anlehnung an die Regelungen im Insolvenzrecht einen Gläubigerbeirat einrichten kann.

In den §§ 94 ff. StaRUG finden sich schließlich noch Regelungen zur sogenannten Sanierungsmoderation. Diese bietet sich an, wenn für eine einvernehmliche Lösung mit sämtlichen von der Sanierung betroffenen Gläubigern gute Chancen bestehen. Hierbei wird vom Gericht ein Sanierungsmoderator bestellt, der zwischen den Beteiligten vermittelt. Der Konzeption nach endet das Verfahren entweder mit dem Abschluss eines Sanierungsvergleichs, der auf Antrag des Schuldners durch das Restrukturierungsgericht bestätigt wird – § 97 StaRUG – oder es erfolgt gemäß § 100 StaRUG ein Übergang in den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen und damit in ein Restrukturierungsverfahren unter gerichtlicher Leitung.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Gläubiger ähnlich massiv durch ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren betroffen sein können, wie im Falle einer Insolvenz ihres Vertragspartners. Auch wenn sie die Sanierungsbemühungen unterstützen wollen, sollten Sie unbedingt im Auge behalten, dass sich bei Scheitern der Sanierung ein Insolvenzverfahren anschließen kann, so dass in jedem Falle auch die Gefahr einer späteren Insolvenzanfechtung im Auge behalten werden muss. §§ 89 und 90 StaRUG gewähren nur sehr eingeschränkten Schutz vor der Anfechtung von Rechtshandlungen im Verlaufe des Sanierungsverfahrens und im Rahmen der Erfüllung des Restrukturierungsplans. Bei Geschäften mit dem Schuldner während eines laufenden Sanierungsverfahrens ist daher die Sicherstellung der Einhaltung der Voraussetzungen von Bargeschäften im Sinne des § 142 InsO unbedingtes Gebot. Oftmals wird es hierfür des Instrumentariums aus § 55 StaRUG bedürfen. Der Anfechtungsschutz betreffend Rechtshandlungen im Rahmen der Planerfüllung setzt einen gerichtlich festgestellten Plan voraus.

Die Tücke liegt bei diesen Fragen oft im Detail. So kann beispielsweise die Verweigerung weiterer Leistungserbringung unter Berufung auf § 55 Abs. 2 StaRUG mit erheblichen Schadenersatzforderungen des Schuldners einhergehen, wenn es dem Gläubiger nicht gelingt, das Vorliegen der Voraussetzungen der Vorschrift zu beweisen. Beim Umgang mit Schuldnern, die ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren betreiben, sollte daher auf keinen Fall am falschen Ende gespart, sondern unbedingt auf die Beiziehung juristischen Sachverstands geachtet werden.

Autor: RA Lutz Paschen, PASCHEN Rechtsanwälte

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Verträge nach englischem Recht und COVID-19

Verträge nach englischem Recht und COVID-19

Northampton, 01.06.2020

Unternehmen müssen sich zu gegebener Zeit überlegen, ob sie selbst oder ihr Vertragspartner einen Geschäftsvertrag als Folge der durch COVID-19 verursachten Unterbrechung aussetzen oder kündigen können.

Von der Regierung ergriffene Restriktionsmaßnahmen, unruhige Märkte und Arbeitsfragen stellen weiterhin Hindernisse für die Geschäftstätigkeit dar, die in einigen Fällen die Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen unmöglich machen. Bei Vereinbarungen zwischen internationalen Parteien, die dem englischen Recht unterliegen, ist die Entscheidung, ob eine Vereinbarung ausgesetzt oder gekündigt werden kann, nicht immer leicht, da es keine allgemeingültigen Erleichterungen oder Vergünstigungen von COVID-19 gibt. Jeder Fall hängt von den spezifischen Bedingungen des Vertrages und den genauen Umständen ab, in denen sich die Vertragsparteien befinden.

Hier sind einige der Schlüsselfragen, die Parteien von Verträgen, die dem englischen Recht unterliegen, beachten sollten:

1.   Höhere Gewalt – Enthält der Vertrag eine Bestimmung über höhere Gewalt, die sich mit den besonderen Umständen befasst?

2.   Milderung – Hat die betroffene Vertragspartei ihren Verlust abschwächen können?

3.   Leistungshindernis – Hat es eine Störung der Vertragsgrundlage gegeben?

Was ist Höhere Gewalt?

Eine Klausel über höhere Gewalt (falls im Vertrag enthalten) legt im Allgemeinen die Rechte und Rechtsmittel einer oder beider Parteien für den Fall fest, dass ein extremes Ereignis eintritt, das außerhalb ihrer Kontrolle liegt.

Ein Vertrag muss ausdrücklich höhere Gewalt vorsehen, da es in England keine allgemeine Gesetzesgrundlage für höhere Gewalt gibt.

Da jeder Vertrag  anders formuliert ist, ist es wichtig, den genauen Wortlaut fallweise zu prüfen.  Je nach Wortlaut der Klausel kann sich eine Partei auf diese berufen, um eine Verzögerung, Aussetzung oder sogar Beendigung des Vertrages ohne jegliche Haftung zu rechtfertigen.

Stellt COVID-19 ein Ereignis höherer Gewalt dar?

Ob COVID-19 ein Ereignis höherer Gewalt darstellt, hängt von der Definition des Begriffs „höhere Gewalt“ im Vertrag sowie von den genauen Umständen ab.

Eine Formulierung, die „Pandemie“ oder „Gesundheitskrise“ beinhaltet, kann die Einstufung von COVID-19 als Ereignis höherer Gewalt unterstützen.  Alle von der Regierung auferlegten verbindlichen Einschränkungen können als Ereignis höherer Gewalt gesehen werden, sofern die Definition Formulierungen wie „behördliche Maßnahmen“ und „Regulierungsmaßnahmen“ enthält.  Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass der Verweis auf einen „Act of God“ COVID-19 einschließt, da dieser sich gewöhnlich auf Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Erdbeben bezieht.

Sofern im Vertrag nicht ausdrücklich anders angegeben, gilt höhere Gewalt im Allgemeinen nicht, wenn das Ereignis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses andauerte oder von den Parteien in Erwägung gezogen wurde.  Der Zeitpunkt, an dem COVID-19 „in der Erwägung der Parteien“ war, ist Interpretationssache.

Es obliegt der Partei, die die Klausel über höhere Gewalt durchsetzen will, nachzuweisen, dass das Ereignis höherer Gewalt in dem Maße eingetreten ist, wie die Leistung erheblich verzögert oder verändert wird.

Milderung

Wurde ein Ereignis höherer Gewalt festgestellt, muss die benachteiligte Vertragspartei weiterhin nachweisen, dass sie die Auswirkungen des Ereignisses höherer Gewalt abgemildert hat, unabhängig davon, ob dies im Vertrag ausdrücklich vorgesehen ist.  Der Zweck der Klausel über höhere Gewalt besteht darin, die Unfähigkeit zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen abzuschwächen und nicht darin, den Vertrag zu kündigen oder auszusetzen, wenn der Vertrag für die andere Partei belastender wird.

Leistungshindernis

Im Unterschied zu höherer Gewalt muss das Leistungshindernis nicht im Vertrag festgehalten werden, da es sich um ein allgemeines Recht handelt.  Die Erfüllung eines Vertrages kann behindert sein, wenn ohne Verschulden einer Partei ein Ereignis eintritt, das die Erfüllung des Vertrages unmöglich macht oder grundlegend ändert.  Die Erfüllung eines Vertrages gilt nicht als behindert, wenn die Vertragserfüllung für eine Partei lediglich schwieriger oder teurer wird. In der Praxis wird ein Leistungshindernis nur selten festgestellt, da es schwierig ist, die Unmöglichkeit der Vertragserfüllung nachzuweisen. In Anbetracht der gegenwärtigen wirtschaftlichen Bedingungen kann man sich jedoch zunehmend auf das Leistungshindernis als Mittel bei verzögerten oder verwirrenden Angelegenheiten stützen.

Wenn die Erfüllung eines Vertrages unmöglich ist, wird dieser Vertrag gekündigt und die Parteien werden von ihren künftigen Verpflichtungen entbunden. Handelt es sich um einen langfristigen Vertrag, sollten die Folgen einer Kündigung bedacht werden, bevor beansprucht werden kann, dass die Erfüllung des Vertrags unmöglich geworden ist. Wichtig ist, dass die Verhinderung die Parteien nicht von ihren früheren Verpflichtungen entbindet, die angefallen sind.

Ein mögliches Beispiel für ein Leistungshindernis wäre die Schließung eines Standorts als Folge von behördlichen Einschränkungen im Zusammenhang mit COVID-19, wodurch ein zeitkritisches Ereignis, das Gegenstand des Vertrags ist, nicht mehr stattfindet.  Unter solchen Umständen könnte der Einwand, dass die Parteien den Vertrag nicht erfüllen konnten, angemessen sein.

Fazit

Ob höhere Gewalt vorliegt, hängt vom einzelnen Vertrag und den Umständen ab, in denen sich die Parteien befinden.  Es ist wichtig, dass die Vertragsparteien sich rechtlichen Rat zu den spezifischen Bedingungen ihres Vertrags einholen.  Wenn eine Partei sich zu Unrecht weigert, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen oder den Vertrag fälschlicherweise kündigt, kann die andere Seite dies ausnutzen und Schadenersatz wegen Vertragsbruch oder unrechtmäßiger Kündigung verlangen.

Anstatt sich auf höhere Gewalt zu berufen, können Unternehmen mit ihrem Vertragspartner Möglichkeiten erörtern, um zu einer gütlichen Einigung zu gelangen.  Es ist möglich, dass sich beide Parteien in einer ähnlichen Situation befinden, zum Beispiel dann, wenn der Vertrag die Lieferung von Waren vorsieht und die andere Partei diese Waren nicht mehr benötigt. Die Aufrechterhaltung einer guten Geschäftsbeziehung während der aktuellen Pandemie kann von Vorteil sein, wenn letztendlich eine Form von Normalität zurückkehrt.

Autor: Craig Harrison, Rechtsanwalt

Tollers LLP

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Mögliche Aussetzung der gewerblichen Mieten während der Krise

Mögliche Aussetzung der gewerblichen Mieten während der Krise

Luxemburg, 01.06.2020

Die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 zwangen viele luxemburgische Unternehmen dazu, ihre Geschäftstätigkeiten entweder zu reduzieren oder ganz einzustellen.

Da diese Unternehmen nun mit ernsthaften Liquiditätsproblemen konfrontiert sind, gibt es immer mehr Stimmen, die eine Aussetzung der vertraglichen Verpflichtungen bei gewerblichen und beruflichen Mietverträgen fordern.

Es steht Vermietern weiterhin frei, den Mietvertrag wegen Nichtzahlung der Miete zu kündigen (Art. 1762-11, luxemburgisches Bürgerliches Gesetzbuch). Räumungen werden jedoch bis zum Ende des Krisenzustands ausgesetzt (Art. 5 Abs. 1, geänderte großherzogliche Verordnung vom 25. März 2020).

So wurde der Abgeordnetenkammer am 6. April 2020 der Gesetzentwurf Nr. 7551 über die Aussetzung der Miete für gewerbliche und berufliche Mietverhältnisse während der Krise und zur Änderung des Gesetzes vom 4. Dezember 1967 über die Einkommensteuer vorgelegt.

Die Kernpunkte dieses noch nicht verabschiedeten Gesetzes sind:

  • Die Aussetzung der Verpflichtung zur Mietzahlung und die Aussetzung des Rechts des Vermieters, einen Mietvertrag wegen Nichtzahlung der Miete während der Krise zu kündigen;
  • die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung von Mietrückständen bis zum 30. Juni 2021;
  • Ein steuerlicher Anreiz, der es dem Vermieter, der die Miete während der Krise reduziert oder auf sie verzichtet, erlaubt, die finanziellen Zugeständnisse, die den Ausgaben angepasst werden, steuerlich abzuziehen (der Betrag ist auf 10.000 EUR begrenzt).

Zudem gibt es eine am 8. Mai 2020 lancierte öffentliche Petition Nr. 1581 mit bereits über 580 Unterschriften, die sich für eine Anpassung der Gewerbemieten je nach Umsatz im Falle außergewöhnlicher Ereignisse wie der COVID-19-Krise und die Möglichkeit für den Vermieter einsetzt, von der Regierung eine Entschädigung für die entgangene Miete zu fordern.

Nach unserer Sicht ist die Mietzahlungspflicht des Mieters bereits ausgesetzt.

Art. 1719 3° des luxemburgischen Bürgerlichen Gesetzbuches sieht vor, dass der Vermieter dem Mieter den ungestörten Besitz der gemieteten Räumlichkeiten während der Dauer des Mietvertrages zu gewährleisten hat.

Der Mieter könnte sich auf die Ausnahme der Nichterfüllung auf der Grundlage von Artikel 1134-2 des luxemburgischen Zivilgesetzbuches berufen, welcher vorsieht, dass jede Partei die Erfüllung ihrer Verpflichtung aussetzen kann, wenn die andere Partei ihre eigene Verpflichtung nicht erfüllt hat.

Der Vermieter könnte jedoch sein Versäumnis, dem Mieter den uneingeschränkten Genuss der gemieteten Räumlichkeiten zu sichern, damit rechtfertigen, dass ein Regierungshandeln während der COVID-19-Krise höhere Gewalt darstellt (eine äußere Ursache, die nicht den Parteien des Mietvertrags zugerechnet werden kann) und dass er darum von seiner vertraglichen Verpflichtung befreit ist (Art. 1147 und 1148 des luxemburgischen Zivilgesetzbuches).

Nach luxemburgischer Rechtsprechung wird bei vorübergehenden unvorhergesehenen Ereignissen die Verpflichtung des Schuldners nur bis zum Ende des Hindernisses ausgesetzt.

Das Vorgehen der Regierung während des Krisenzustands könnte als vorübergehendes unvorhergesehenes Ereignis eingestuft werden.

Somit endet die Aussetzung der Mietzahlungspflicht des Mieters, sobald sein Unternehmen die Tätigkeit wieder aufnehmen kann.

Autorin: Anne-Marie Schmit, Rechtsanwältin

ETUDE ANNE-MARIE SCHMIT

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Überblick über die Lockerungen der coronabedingten Maßnahmen in Österreich

Überblick über die Lockerungen der coronabedingten Maßnahmen in Österreich

Wien, 22.05.2020

Jene Maßnahmen, die zur Eindämmung der SARS-CoV-2-Pandemie seitens der Bundesregierung beschlossen und am 16. März 2020 in Kraft getreten sind, wurden inzwischen gelockert.

Die Republik Österreich wird schrittweise wieder in ihre Normalität zurückgeführt. Der erste Meilenstein in Richtung Lockerung dieser Restriktionen erfolgte mit der teilweisen Wiedereröffnung des Einzelhandels am 14. April; dies betraf alle kleinen Geschäftsläden, die weniger als 400 Quadratmeter Verkaufsfläche aufwiesen, wie auch Bau- und Gartenmärkte. Seit dem 2. Mai sind wieder alle Geschäfte unabhängig von ihrer Größe und auch Dienstleister wie Friseure, Kosmetikstudios etc. geöffnet, wobei jeweils strenge Auflagen, wie beispielsweise das Tragen eines Mundschutzes oder die Einhaltung des Mindestabstandes beachtet werden müssen.

Am 15. Mai konnte auch die Gastronomie unter Berücksichtigung der hierfür geltenden gesetzlichen Auflagen (Mindestabstand zwischen den Tischen, Tischzuweisung seitens des Personals, Sperrstunde um 23 Uhr etc.) den Betrieb wieder aufnehmen. Hotels und andere Beherbergungsbetriebe dürfen ab dem 29. Mai wieder öffnen. Auch die etappenweise Wiederaufnahme des Betriebes von Schulen und Kindergärten hat seit dem 4. Mai begonnen.

Zur Unterstützung notleidender Unternehmen hat die österreichische Bundesregierung ein umfassendes Hilfspaket in Höhe von 38 Milliarden Euro geschnürt, das in unterschiedlichen Modellen ausgestaltet ist und im Wesentlichen dazu dient, die Liquidität der einzelnen Unternehmen zu sichern, Arbeitsplätze zu erhalten, Soforthilfe für Selbständige zu ermöglichen und Geschäftseinbußen abzufedern (Corona-Kurzarbeit, Härtefallfonds, Corona-Hilfsfonds, steuerliche Erleichterungen, Wirtshaus-Paket).